Die regionalen Konjunkturpfade verliefen im Winter 2022 sehr heterogen. Der kräftige Anstieg in den Verbraucherpreisen führte
zu einer spürbaren Abschwächung der konjunkturellen Entwicklung. Die regionalen Arbeitsmärkte verzeichneten jedoch weiterhin
kräftige Zuwächse in der Beschäftigung sowie Rückgänge in der Zahl der Arbeitslosen.
Sandra Bilek-Steindl, Unternehmerische Erwartungen verbessern sich trotz hoher Inflation • Werner Hölzl, Jürgen Bierbaumer,
Michael Klien, Agnes Kügler, Heterogene Entwicklung der Konjunkturbeurteilungen. Ergebnisse der Quartalsbefragung des WIFO-Konjunkturtests
vom April 2023 • Stefan Angel, Julia Bock-Schappelwein, Rainer Eppel, Aufschwung auf dem Arbeitsmarkt hielt 2022 an • Klaus
Friesenbichler, Werner Hölzl, Michael Peneder, Yvonne Wolfmayr, Hohe Energiepreise dämpften die Industriekonjunktur. Entwicklung
von Warenproduktion, Außenhandel und Investitionen im Jahr 2022 • Susanne Bärenthaler-Sieber, Sandra Bilek-Steindl, Julia
Bock-Schappelwein, Alexandros Charos, Michael Peneder, Nutzung digitaler Plattformen in Österreich. Hauptergebnisse einer
WIFO-Unternehmensbefragung
Die Mehrzahl der heimischen Unternehmen nutzt bereits digitale Plattformen. Dies zeigt eine repräsentative Unternehmensbefragung
für Österreich. Besonders häufig werden digitale Plattformen in den Bereichen Kommunikation, Information und Werbung sowie
Human Resources eingesetzt. Zentrale Motive für die Nutzung sind Zeit- und Kostenersparnis, die Verbesserung der Sichtbarkeit
bzw. der Erreichbarkeit von Zielgruppen und die Stärkung der Konkurrenzfähigkeit. Als bedeutendster Hinderungsgrund wurde
der fehlende persönliche Kontakt angeführt, der mit der Nutzung digitaler Plattformen einhergeht.
Im 1. Halbjahr 2022 profitierte Österreichs Exportwirtschaft noch von hohen Auftragsbeständen und der Auflösung von Lieferengpässen,
wodurch die Ausfuhren im Gesamtjahr kräftig wuchsen. Das lebhafte Importwachstum war vor allem preisgetrieben, der Zuwachs
der Importmengen blieb gering. Der Energiepreisschock führte zu einer deutlichen Verschlechterung des preislichen Austauschverhältnisses
im Warenhandel und belastete das Handelsbilanzdefizit. Die Industriekonjunktur entwickelte sich trotz einer Eintrübung der
Konjunkturerwartungen bis zum Sommer robust. Im 2. Halbjahr nahm die Konjunkturdynamik in der Herstellung von Waren ab. Trotz
des deutlichen Anstiegs der unternehmerischen Unsicherheit blieb die Kapazitätsauslastung 2022 leicht überdurchschnittlich.
Der Energiepreisanstieg beeinträchtigte vor allem die energieintensive Vorproduktindustrie. Die Bruttoausrüstungsinvestitionen
waren 2022 leicht rückläufig. Die einzelnen Teilbereiche entwickelten sich unterschiedlich. Während die Ausrüstungsinvestitionen
sanken, wurden Investitionen in immaterielle Anlagegüter ausgeweitet.
Österreichs Arbeitsmarkt trotzte 2022 dem Ukraine-Krieg, der Energiekrise und der hohen Inflation. Der Aufschwung hielt an.
Die Beschäftigung wuchs so kräftig wie zuletzt vor fast 50 Jahren und die Arbeitslosenquote sank auf den niedrigsten Stand
seit 2008. 2023 dürfte die gedämpfte Konjunktur nur schwach auf den Arbeitsmarkt durchschlagen. Eine zentrale Herausforderung
bleibt die Langzeitbeschäftigungslosigkeit. Sie ist trotz Rückgangs immer noch deutlich höher als vor der Finanzmarkt- und
Wirtschaftskrise 2008/09.
Die Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests vom April deuten für die Gesamtwirtschaft auf eine Verbesserung der Konjunktur hin,
zeigen jedoch nach Branchen eine heterogene Entwicklung der Konjunkturbeurteilungen. Im Aggregat weisen die Indizes nach oben,
der Anstieg ist allerdings von den Dienstleistungen und vom Einzelhandel getrieben. Die Kapazitätsauslastung stieg hingegen
in allen Sektoren leicht an. In der Gesamtwirtschaft war wie in den Vorquartalen der "Mangel an Arbeitskräften" das wichtigste
Hemmnis der Geschäftstätigkeit, allerdings gewann der "Mangel an Nachfrage" weiter an Bedeutung. Die Verkaufspreiserwartungen
zeigen seit einigen Monaten einen rückläufigen Trend.
Vor dem Hintergrund der internationalen Konjunkturabschwächung sank Österreichs Wirtschaftsleistung im I. Quartal. Die schwache
Exportdynamik belastete die Industrie. Im April verschlechterten sich die Einschätzungen der heimischen Sachgütererzeuger
zur aktuellen Lage abermals, ihre Erwartungen hellten sich jedoch auf. Dies deutet auf eine Ausweitung der Produktionstätigkeit
in den kommenden Monaten hin.
Österreich hat im europäischen Vergleich im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung eines der umfangreichsten Maßnahmenpakete zur
Abfederung der sozialen und ökonomischen Folgen der hohen Inflation und Energiepreise implementiert. Die zwischen Jänner 2022
und Mai 2023 verabschiedeten Maßnahmen summieren sich kumuliert im Zeitraum 2022 bis 2026 auf 48,7 Mrd. €, davon 48,1 Mrd.
€ seitens des Bundes. Von den 37,7 Mrd. € Entlastungen für private Haushalte sind 14,6 Mrd. € kurzfristig bzw. befristet,
23,1 Mrd. € sind dauerhaft-strukturelle Entlastungen (Kompensation der kalten Progression, Valorisierung bestimmter Sozialleistungen).
Für die Unternehmen sowie die Land- und Forstwirtschaft werden 8,3 Mrd. € an kurzfristigen und 2,1 Mrd. € an dauerhaft-strukturellen
Maßnahmen (Senkung der Lohnnebenkosten) gewährt. Die Teuerung wurde wesentlich durch den Anstieg der Energiepreise getrieben,
dementsprechend weist ein erheblicher Teil der Entlastungsmaßnahmen (18,1 Mrd. € bzw. 37,6% des bundesseitigen Entlastungsvolumens)
einen direkten Energiebezug auf. Davon hat mit 93,3% (16,9 Mrd. €) ein erheblicher Anteil (nicht intendierte) klimakontraproduktive
Wirkungen, da insgesamt verabsäumt wurde, Anreize für Energiesparmaßnahmen zu setzen. Von Interesse ist darüber hinaus die
Treffsicherheit der Maßnahmen. Ein erster sehr grober Indikator hierfür ist die Unterteilung der Entlastungsmaßnahmen in einkommensabhängige
und einkommensunabhängige Maßnahmen. 32,8 Mrd. € – das sind 87,1% der Entlastungsmaßnahmen für private Haushalte – werden
einkommensunabhängig gewährt, während nur 4,9 Mrd. € vom Einkommen abhängen.